Der Dialog (hier in der Übersetzung von F.Susemihl 1856) von Plato ist
sehr umfassend, an markanten Stellen habe ich Links zu den anderen
Seiten eingebaut, das Sie beim lesen gleich Querverbindungen
aufstellen können.
EINLEITUNG - Es werden die Gesprächspartner und Inhalte vorgestellt
Timaios:
,,Wie froh bin ich, mein Sokrates,
dass ich nun, gleich als ob ich von einem langen Marsche ausruhte,
den Weg meiner Erörterung glücklich zurückgelegt habe!
Zu dem Gott aber, der in der Tat schon lange vorher, in meiner
Beschreibung aber soeben, entstanden ist, flehe ich, er möge von
derselben alles das, was das Richtige trifft, uns zum Heile gedeihen
lassen, wenn wir aber wider unsern Willen etwas Irriges über den
betreffenden Gegenstand vorgebracht haben, uns dafür die gebührende
Strafe auferlegen.
Die rechte Strafe aber besteht darin, dass er aus Irrenden uns zu
Kundigen mache.
Damit wir also in Zukunft über die Entstehung der Götter die
Wahrheit reden, so flehen wir ihn an, er möge uns als Heilmittel,
und zwar als das vollkommenste und beste aller Heilmittel, die
Erkenntnis verleihen, und nach dem wir also den Gott angerufen,
überlassen wir unser Übereinkunft gemäß, dem Kritias die
Fortsetzung.''
Kritias:
,,Wohl mein Timaios, ich übernehme
sie''
Hermokrates:
,,Und wir unsererseits, lieber
Sokrates, wie es schon unser Timaios hier sagte, werden es gewiss an
guten Willen nicht fehlen lassen; auch haben wir so wenig einen
Vorwand, uns dem zu entziehen, dass wir schon gestern, gleich als
wir von hier in das Gastzimmer beim Kritias, wo wir wohnen,
eingetreten waren, und noch vorher auf den Wege dahin, eben den
betreffenden Gegenstand miteinander betrachtet haben.
Da trug uns denn nun unser Wirt eine Geschichte aus alter
Überlieferung vor, und - dieselbe, lieber Kritias, könntest du nun
auch dem Sokrates mitteilen, auf dass auch er mit uns prüfe, ob sie
zur Erfüllung des uns Aufgetragenen etwas Geeignetes enthält oder
nicht.''
Kritias:
,,Das mag geschehen, wenn es auch
den Timaios, als unseren dritten Gesprächsgenossen, also gut dünkt''
Timaios:
,,Ich bin damit einverstanden''
Kritias:
,,So höre denn, Sokrates, eine gar
seltsame, aber durchaus wahre Geschichte, wie sie einst Solon, der
weiseste unter den Sieben, erzählt hat.
Er war nämlich, wie bekannt, ein Verwandter und vertrauter Freund
meines Urgroßvaters Dropides, wie er auch selbst wiederholt in
seinen Gedichten sagt; meinem Großvater Kritias aber erzählte er bei
irgend einer Gelegenheit, wie es dieser als Greis wiederum mir
mitteilte, dass es viele vor Alters von unseren Staat vollbrachte
bewunderungswürdige Taten gäbe, welche durch die Länge der Zeit und
den Untergang der Menschen in Vergessenheit geraten wären, von allen
aber sei eine die größte; deren Andenken mir jetzt zu erneuern
geziemt, um sowohl die meinen Dank abzutragen, als auch zugleich die
Göttin an ihrem Feste auf eine echte und gebührende Weise wie durch
einen Lobgesang zu verherrlichen.''
Sokrates:
,,Wohl gesprochen.
Aber was für eine Tat ist denn das, die Kritias, obgleich sie der
Überlieferung unbekannt ist, dir dennoch als eine in Wahrheit vor
Alters von dieser Stadt vollbrachte nach dem Bericht des Solon
mitteilte?''
Kritias:
,, So will ich denn diese alte
Geschichte erzählen, die ich von einem nicht jungen Manne vernommen.
Es war nämlich damals Kritias, wie er sagte, schon beinahe neunzig
Jahre, ich aber ungefähr zehn alt.
Nun war gerade der Knabentag der Apaturien, und was sonst jedesmal
an diesem Feste gebräuchlich ist, geschah auch diesmal mit den
Kindern: Preise setzten uns nämlich die Väter für den besten Vortrag
von Gedichten aus.
So wurden denn viele Gedichte von vielen anderen Dichtern hergesagt,
namentlich aber trugen viele von uns Kindern von denen des Solon
vor, weil diese zu jener Zeit noch etwas neues waren.
Da äußerte nun einer von den Genossen unserer Phratrie, sei es, dass
dies damals wirklich seine Ansicht war, sei es, um dem Kritias etwas
Angenehmes zu sagen, es scheine ihm Solon sowohl in allen anderen
Stücken der Weiseste als auch im Bezug auf die Dichtkunst unter
allen Dichtern der edelste zu Sein.
Der Greis nun - denn ich erinnere mich dessen noch sehr wohl ward
dessen erfreut und erwiderte lachend: wenigstens, Amynandros, wenn
er die Dichtkunst nicht bloß als Nebensache betrieben, sondern wie
Andere als seinen Fleiß auf dieselbe verwandt und die Erzählung,
welche er aus Ägypten mit hierher brachte, vollendet und nicht wegen
der Unruhen und durch alle anderen Schäden, welche er hier bei
seiner Rückkehr vorfand, sich gezwungen gesehen hätte sie liegen zu
lassen, dann wäre, wenigstens nach meinen Dafürhalten, weder Homeros
noch Hesiodos noch irgend ein anderer Dichter je berühmter geworden
als er. aber was für eine Geschichte war denn die? fragte jener.
Traun von der größten und mit vollen rechte ruhmwürdigsten Tat von
Allen, welche die Stadt vollbracht, von welcher aber wegen der Länge
der Zeit und des Untergangs derer, die sie vollbracht haben, die
Überlieferung sich nicht erhalten hat.''
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